BiOfunk (47): Die Katastrophe von Nyos – Wie Kohlenstoffdioxid zur tödlichen Gefahr wird

Über 1700 Menschen fielen der Katastrophe vom Nyos-See im Westen Kameruns zum Opfer. Außerdem 6000 Rinder und unzählige andere Tiere. Doch was war die Ursache? Es gab keine sichtbaren Schäden. Alle Gebäude in den Dörfern waren intakt. Auch Bäume und Pflanzen waren lebendig. Und doch war alles tierische Leben um den See vernichtet worden. Und es war keine Strahlung, keine Bombe, keine neue Geheimwaffe oder sonst etwas Menschengemachtes. Es war das Gas Kohlenstoffdioxid, kurz CO2. Wir betrachten im BiOfunk, was im Jahr 1986 geschah. Und warum CO2 zur tödlichen Gefahr werde kann.

CO2 ist farblos, geruchlos und eigentlich ungiftig (Abb. 1). Fast jedes Lebewesen stellt es ständig her. Wir Menschen atmen es mit jedem Atemzug aus. Es ist ein Gas, dass eng mit dem Leben verbunden ist. Es wird ständig in unserem Körper hergestellt und kann auch gefahrlos entsorgt werden. Wie also wird CO2 zur tödlichen Gefahr? Das hängt mit einer weiteren Eigenschaft des Gases zusammen. Es hat eine höhere Dichte als Luft. Deshalb sinkt es zu Boden und verteilt sich dort.

Unter speziellen Bedingungen kann CO2 tödlich sein, z.B. in einem Weinkeller. Dort wird bei der alkoholischen Gärung CO2 gebildet. Es sinkt zu Boden und bildet dort eine sauerstofffreie Zone. Ein Mensch, der diesen Keller betritt, ahnt nichts von der tödlichen Gefahr. Kohlenstoffdioxid ist ja farblos und geruchlos. Er geht in den Keller, seine Lungen bekommen keinen Sauerstoff mehr, die Zellen stellen keine Energie mehr her, der Mensch wird ohnmächtig und stirbt.

Carbon dioxide

Abb. 1: Strukturformel von CO2

Was geschah bei der Katastrophe von Nyos? Der Nyos-See sitzt auf aktivem Vulkangestein. Kohlenstoffdioxid wird fortwährend von unten in den See abgegeben. Der See ist 200 Meter tief, die Wände des Sees fallen fast senkrecht herab. In der Tiefe herrscht ein hoher Wasserdruck. Deshalb können sich dort große Mengen von CO2 im kalten Wasser lösen, ähnlich wie in einer geschlossenen Mineralwasserflasche. Wahrscheinlich reicherte sich das CO2 über Jahrhunderte im Tiefenwasser an. Ein Ereignis im August 1986 wirbelte die tiefen Wasserschichten im See auf. Was es genau war, weiß man nicht. Die mit CO2 prall gefüllte Wasserschicht wurde nach oben gedrückt. Schließlich stieg eine riesige CO2-Blase nach oben, durchbrach die Wasseroberfläche und schoss 80 Meter in die Höhe. CO2 hat eine höhere Dichte als Luft, deshalb schwappte die unsichtbare Gaswolke in das angrenzende tiefergelegene Tal (Abb. 2). Die Opfer wurden schnell bewusstlos und starben. Und dass innerhalb weniger Stunden. Der See beruhigte sich, das Gas wurde rasch verweht. Es gab keine sichtbaren Schäden in der Natur, alle Gebäude in den Dörfern waren intakt. Und doch fanden über 1700 Menschen den Tod.

Lake Nyos 1986 001

Abb. 2: Nyos-See nach der Katastrophe. Gut zu erkennen ist der beim Ausbruch überschwemmte Uferstreifen des Sees.

Cow killed by Lake Nyos gasses

Abb. 3: Verendetes Rind am Nyos-See


Weitere Informationen

Smithsonian: Defusing Africa’s Killer Lakes

Spiegel: Tödliche Wolke aus dem See

W wie Wissen: Zähmung eines Killersees

BfR: Trockeneis – Kohlendioxid-Vergiftungen sind möglich

Wikipedia: Kohlenstoffdioxid – Wirkung auf Tiere und Menschen