BiOfunk (38): Virus oder kein Virus – Über die schwierige Suche nach Krankheitserregern

Über Jahrtausende waren die Auslöser von Infektionskrankheiten unbekannt. Ende des 19. Jahrhunderts konnten Wissenschaftler zeigen, dass viele Krankheiten durch mikroskopisch kleine Organismen ausgelöst werden. Darauf aufbauend wurden wirksame Therapien und Impfungen entwickelt. Doch die Suche nach den verantwortlichen Krankheitserregern war nicht frei von Irrtümern, Fehleinschätzungen und Sackgassen. Im BiOfunk betrachten wir zwei dieser Fehleinschätzungen. Wir folgen den verschlungenen Wegen, die zur Entdeckung der Erreger der Grippe und der Legionärskrankheit führten.

Die erste Welle der Grippe-Pandemie im Jahr 1918 war harmlos. Und Wissenschaftler auf der ganzen Welt waren nicht allzu beunruhigt. Schließlich kannte man den Grippeerreger: Ein Bakterium namens Bacillus influenzae (Abb. 1). Verschiedene Labore arbeiteten an einem Impfstoff gegen dieses Bakterium und damit gegen die Grippe. Man sah sich gewappnet. Doch die Sicherheit war trügerisch. Die zweite Welle im Herbst und Winter 1918 schwappte mit brutaler Wucht über die ganze Welt. Die entwickelten Impfstoffe waren kaum wirksam. Insgesamt 50 Millionen Menschen fielen der Spanischen Grippe weltweit zum Opfer. Immerhin 5-mal mehr Opfer als die Kämpfe des ersten Weltkriegs forderten. Die Impfstoffe konnten auch gar nicht wirken, schließlich wird die Grippe von Viren ausgelöst (Abb. 2), und nicht von einem stäbchenförmigen Bakterium. Doch zu dieser Erkenntnis kam man erst lange nach der spanischen Grippe, in den 1930er Jahren.

Haemophilus influenzae 01

Abb. 1: Kolonien von Haemophilus influenzae auf einer Agarplatte

Influenza virus particle 8430 lores

Abb. 2: Grippevirus, elektronenmikroskopische Aufnahme


Im Jahr 1976 ist die Spanische Grippe lange her und hat ihren Schrecken verloren. Doch jetzt sind die amerikanischen Gesundheitsbehörden in Alarmbereitschaft. Sie sehen die Gefahr einer neuen Pandemie, ausgelöst durch die Schweinegrippe. In dieser aufgeregten Zeit geschieht in Philadelphia etwas Beunruhigendes. Im Zusammenhang mit einem Veteranentreffen mit Tausenden von Teilnehmern kommt es zu einer auffälligen Häufung von Lungenentzündungen. Über 200 Fälle werden gezählt, 34 der Betroffenen sterben. Ist das der Start der gefürchteten Grippepandemie? Die ersten Untersuchungen zeigen schnell: Die Menschen sind nicht an der Grippe erkrankt, es konnten keine Grippeviren nachgewiesen werden. Das sorgte zunächst für Erleichterung, doch es konnte kein Krankheitserreger gefunden werden. Es waren wohl keine Viren. Schließlich gelang es einem Wissenschaftler, über Umwege die Krankheitserreger zu identifizieren: Bakterien, sogenannte Legionellen (Abb. 3 und 4). Und diese Bakterien haben eine sehr spezielle Lebensweise …

Legionella pneumophila 01

Abb. 3: Legionella pneumophila, elektronenmikroskopische Aufnahme

LegionellaPneumophila

Abb. 4: Legionellen leben in menschlichen Zellen.


Weitere Informationen

Pharmazeutische Zeitung: Die fast vergessene Pandemie

NZZ: Der Erreger, der aus der Wärme kam

Buchtipp: „Das Jahrhundert der Pandemien“ von Mark Honigsbaum

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